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Hufe nehmen oder geben?

Hufe nehmen oder geben?

Ein feiner, oft unterschätzter, aber großer Unterschied, der mir bei meinen  Horsemanship Kursen immer wieder begegnet:

… kennst Du das auch? (D)ein Pferd gibt die Hufe nur zögerlich oder ungern, schart mit den Hufen oder lässt sich gar fallen?

Unruhe und Rumgezappel, aus welchen Gründen auch immer, ist zeitraubend, frustrierend und gefährlich. Oft ist der Grund in einer mangelnden oder zu hastigen Erziehung des Pferdes zu finden.

Es gibt allerdings eine kleine Veränderung im Alltag (am Boden), die großes bewirkt (auch unter dem Sattel!) - und das bei jedem Pferd, garantiert.

Dazu müssen wir uns zunächst einmal die Bedeutung von Vorderhand und Hinterhand aus Sicht des Pferdes anschauen.

Die Vorderhand dient dem (Fluchttier) Pferd um Dominanz zu demonstrieren. Die Hinterhand dient als “Motor” und ermöglicht vor allem eine schnelle Flucht.

Deswegen lässt sich bei einem eher dominanten Pferd die Vorderhand tendenziell schlechter bewegen während es bei einem eher ängstlichen Pferd tendenziell schwieriger ist, die Hinterhand zu verschieben.

Was hat das nun damit zu tun, dass das Pferd beim Hufe geben zappelt?

Wer sein Pferd aufmerksam beobachtet, wird feststellen, dass sein Pferd entweder die Vorderhufe oder die Hinterhufe “leichter” gibt - sehr selten ist der gezeigte Unwillen gleich stark deutlich. Das hängt damit zusammen, dass wir dem Pferd entweder etwas von seiner Dominanz oder von seiner Fähigkeit, schnell flüchten zu können, nehmen.

Um die Situation zu verbessern, benötigt es Verständnis, Vertrauen und klare Kommunikation. Exakte und klare Kommunikation verhindert Missverständnisse und damit Angst und Unsicherheit. Dadurch ist es dem Pferd möglich, die Aufgabe willig auszuführen.

"𝐓𝐡𝐞𝐬𝐞 𝐩𝐨𝐨𝐫 𝐩𝐫𝐞𝐲 𝐚𝐧𝐢𝐦𝐚𝐥𝐬 𝐩𝐞𝐫𝐜𝐞𝐢𝐯𝐞 𝐮𝐬 𝐩𝐞𝐨𝐩𝐥𝐞 𝐚𝐬 𝐩𝐫𝐞𝐝𝐚𝐭𝐨𝐫𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐧𝐨𝐭 𝐩𝐚𝐫𝐭𝐧𝐞𝐫𝐬” - 𝐏𝐚𝐭 𝐏𝐚𝐫𝐞𝐥𝐥𝐢

Oft zu beobachtende und immer wieder zu Missverständnissen führende Handlungen sind bei den folgenden Situationen zu beobachten.

Das oft gesehene “am Bein runter streichen” als Zeichen für das Pferd, das Bein anzuheben, führt zu Unruhe. Das Pferd bewegt das Bein bei Berührung zunächst einmal, weil es fremde Berührung scheut. Es wird sich dann in der Folge aus gelerntem Verhalten immer bewegen, wenn es berührt wird. Das Pferd hebt dann scheinbar folgsam das Bein, tut dies aber aus einem Fluchtinstinkt. Es kann dann sein Bein nicht ruhig hinhalten, da es mental und emotional immer noch auf “Flucht” eingestellt ist.

Versucht man nun, weil beispielsweise eine Verletzung es erfordert, einem solchen Pferden einen Verband ans Bein zu legen, weicht es der Berührung aus. Für viele ist das ein Zeichen von “Ungehorsam” - dabei handelt es sich lediglich um ein durch “Unverständnis” verursachtes Ereignis. Gelingt es dem Pferd nun, in dieser Situation sein Bein aus der Hand des Haltes zu “reissen”, hat es damit in seiner Denkweise erfolgreich sein Leben gerettet. Wenn ein Fluchttier sich fürchtet, fürchtet es immer um sein Leben.Was passiert nun als nächstes? Der Halter versucht, das Bein schnell wieder hochzuheben und macht dadurch die Situation noch schlimmer, weil das Pferd nun denkt es werde eingefangen.

Der Mensch denkt: “schnell festhalten”. Das Pferd denkt: “Ich werde gefressen”. Denn “gefangen werden” bedeutet für das Pferd immer auch um sein Leben zu fürchten “gefressen zu werden”. Das ist der genetische Code eines Fluchttieres. Wiederholt man solche Handlungen, weiss das Pferd was passiert bevor das passiert was passiert. Dem Pferd wurde erfolgreich unerwünschtes Verhalten antrainiert.

“𝐏𝐫𝐚𝐜𝐭𝐢𝐜𝐞 𝐦𝐚𝐤𝐞𝐬 𝐩𝐞𝐫𝐦𝐚𝐧𝐞𝐧𝐭 𝐧𝐨𝐭 𝐩𝐞𝐫𝐟𝐞𝐜𝐭” - 𝐏𝐚𝐭 𝐏𝐚𝐫𝐞𝐥𝐥𝐢

Ist es dem Halter nun gelungen, das Bein trotz andauerndem Widerstand des Pferdes erfolgreich fest- und hochzuhalten wird die Handlung oft mit einem “fallen lassen” des Beines beendet. Dies führt meist dazu, dass das Pferd denkt, es hätte das Bein erfolgreich weggerissen. Daraus ergibt sich später oft die Gewohnheit das Bein wirklich weg zu reissen.

Jede ungenaue Kommunikation führt zu Missverständnissen, Unsicherheit und damit zu Unruhe und Angst. Vertrauen wird nicht gestärkt sondern verhindert - und das zeigt sich in unterschiedlichsten anderen Situationen (Hängerverladen, in ungewohnter Umgebung, im Gelände etc.)

Jedem, dem die Beziehung zu seinem Pferd wichtig ist, wird erkennen, dass es sinnvoll ist, die o.g. Situationen zu verhindern oder zu verbessern, keinesfalls aber als “das war schon immer so” zu tolerieren.

Wie verhindern wir, das die Situation überhaupt entsteht?

Ich habe einmal zwei wertvolle Empfehlungen von zwei verschiedenen, guten Pferdemenschen erhalten:

Strategie #1: Lass dir den Fuß geben der bereit ist!

Strategie #2: Halte ihn nur kurz und setz ihn sofort wieder hin!

Oft hat sich gezeigt, dass Jungtiere bei Einhaltung dieser Ratschläge schneller die Füße gaben als Ausgewachsene.

“𝐏𝐫𝐢𝐨𝐫 𝐚𝐧𝐝 𝐩𝐫𝐨𝐩𝐞𝐫 𝐩𝐫𝐞𝐩𝐚𝐫𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧 𝐩𝐫𝐞𝐯𝐞𝐧𝐭𝐬 𝐩𝐨𝐨𝐫 𝐩𝐞𝐫𝐟𝐨𝐫𝐦𝐚𝐧𝐜𝐞” - 𝐏𝐚𝐭 𝐏𝐚𝐫𝐞𝐥𝐥𝐢

Diese Prämisse ist wohl das Wichtigste. Man erziehe und übe erwünschtes Verhalten, bevor man es benötigt.

Der 1. Schritt (Vorbereitung):

Pferde meiden fremde und unerwartete Berührung zunächst einmal instinktiv. Also entledigen wir uns “fremder und unerwarteter” Berührung, in dem wir unser Pferd so oft und überall berühren, dass Berührung überall als freundschaftlich und wohltuend empfunden wird. Dann steht das Pferd auch still.

Alle 4 Beine bis zu den Hufen massieren zu können ist ein gutes, erklärtes Ziel.

“𝐅𝐫𝐨𝐦 𝐩𝐫𝐨𝐜𝐞𝐬𝐬 𝐭𝐨 𝐩𝐫𝐨𝐝𝐮𝐜𝐭” - 𝐏𝐚𝐭 𝐏𝐚𝐫𝐞𝐥𝐥𝐢

Der zweite Schritt (Ergebnis):

Um ein wirklich gutes Ergebnis zu erzielen, sollte mit dem zweiten Schritt erst begonnen werden, wenn der erste gut ist.

“𝐓𝐡𝐢𝐬 𝐩𝐞𝐫𝐬𝐩𝐞𝐜𝐭𝐢𝐯𝐞 𝐭𝐚𝐤𝐞𝐬 𝐩𝐚𝐭𝐢𝐞𝐧𝐜𝐞” - 𝐏𝐚𝐭 𝐏𝐚𝐫𝐞𝐥𝐥𝐢

Sich den Fuss “geben” zu lassen, anstatt ihn dem Pferd “wegzunehmen”, ist der 2. Schritt. Dazu benötige ich ein Signal, das möglichst nicht verwechselbar ist. Die Kastanien an den Vorderbeinen sind dazu gut geeignet, da sie kaum jemand für etwas gebraucht oder berührt.

Ein sanftes “Klemmen” dieser Hautteile führt dazu, dass das Pferd das Bein hebt. Pferde heben das Vorderbein meist senkrecht hoch und wieder an die selbe Stelle (Fliege an der Brust). Klemmt man zu stark rennt das Pferd davon. Klemmt man zu wenig spürt das Pferd nichts. Irgendwo dazwischen ist es richtig.

Hebt das Pferd das Bein nur wenig und/oder setzt es gleich wieder ab, solltest Du das Bein nicht gleich “nehmen”. Versucht man durch schnelles “fassen” das Bein zu halten, wird das Pferd auf Flucht schalten.

In den meisten Fällen hebt das Pferd beim zweiten oder dritten Mal das Bein genügend hoch und hält es dort auch länger, so dass man das Bein gemächlich fassen kann. Hält das Pferd das Bein ruhig und duldet das “halten”, sollte das Bein durch den Halter sofort wieder sanft abgesetzt werden. Nicht fallen lassen!!! Und auch nicht kurz vor dem Boden “wegnehmen” lassen. Man stelle es an die Stelle an der es sich vorher befunden hat. Nach öfterem Üben kann das Bein länger hoch gehalten werden.

An den Hinterbeinen ist der Fersenhöcker die Stelle, die man nützen kann, um durch Klemmen der Haut ein Signal zum Heben des Beines zu installieren. Pferde heben die Hinterbeine in Richtung Bauch, also nach vorn (Fliege am Bauch). Dies sollte man nutzen und das Bein zunächst auch so bzw. dort halten. Erst wenn es das Bein ruhig ist und sich halten lässt, kann man es an die Stelle führen, an der es gebraucht wird.

Hat man nun auch das Hinterbein zur Verfügung beendet man die Handlung wie am Vorderbein. Man stelle das Bein wieder nach vorne unter den Bauch, also an die Stelle an der es gestanden hat.

Geht nun dies ohne Unruhe und Verwirrung von Statten, kann man versuchen das Bein in verschiedene Positionen zu nehmen und daran zu arbeiten. Man spanne die Geduld des Pferdes nicht zu sehr auf die Probe! Lieber zu kurz halten als zu lange!

Hat man die Beine massieren können, ist das Anlegen beispielsweise eines Verbandes kaum mehr schwierig. Im Ausnahmefall streichle man das Bein mit der Bandage bis das Pferd ruhig steht, und die Ausführung ist einfach möglich.

Es ist wichtig, das Abstellen des Beines bzw. des Hufes so lange mit Hilfe von “approach & retreat” zu üben, bis der Huf sich mit Leichtigkeit in alle Richtungen und sanft - ohne Widerstand vom Pferd - abstellen lässt. Dies wird uns auch später beim Reiten die Füsse des Pferdes zu positionieren erleichtern.

So wird Vertrauen aufgebaut und der natürliche Fluchtinstinkt des Pferdes in dieser speziellen Situation nicht weiter verstärkt. Ihr werdet erstaunt sein, auf wieviele andere, scheinbar unzusammenhängende Situationen, diese Verfeinerung der Kommunikation im Alltag sich positiv auswirkt.

Wie verbessere ich die Situation bei Pferden, bei denen dieses unerwünschte Verhalten schon deutlich ausgeprägt ist?

Bei solchen Pferden braucht es auch besondere Vorbereitung und exakte Ausführung. Je häufiger ein Pferd eine bestimmte Erfahrung gemacht hat, umso stärker ist das Verhalten eingeprägt.

Pferde haben die Fähigkeit unsere unsere Körpersprache zu lesen. Dabei ist es scheinbar egal, was wir dabei denken. Das Pferd interpretiert nach seiner Gedankenwelt und Bedürfnissen. Dementsprechend können wir das Pferd durch unser Verhalten Schritt für Schritt von unseren - neuen - Ideen überzeugen.

Es empfiehlt sich aber, Pferde bei denen das unerwünschte Verhalten schon stark eingeprägt ist, zunächst anders vorzubereiten. Ich wende dabei das Prinzip: “Wer bewegt wen?” an. Ein sehr ängstliches Pferd versuche ich zunächst zu motivieren, näher an mich heran zu kommen. Ein respektloses Pferd werde ich zuerst rückwärts bewegen. Sehr oft macht dies schon einen Unterschied. Weiter kann man das Pferd mehrmals dazu bewegen seine Hinterhand nach rechts und nach links zu verschieben.

Praktiziert man solche vorbereitenden Manöver oft genug und mit der entsprechenden Genauigkeit, ist man oft erstaunt wie die Pferde sich unterordnen und nun aufmerksam sind und versuchen mitzumachen. Ich kann nur empfehlen, ihnen eine Pause zu gewähren, wenn sie die kleinste Bemühung in die richtig Richtung zeigen. So kann man ihr altes Verhalt zu dem formen, das nützlicher ist.

An dieser Stelle sind die 7 Spiele und die Parelli Principles von unschätzbarem Wert.

Pat says, "I`ve repeated this statement thousands of times over the years, and it still embraces my philosophy. It has come to be known as my "45 P`s."

" Pat Parelli proudly presents his provocative and progressive program and the proclamation that prior and proper preparation prevents p...-poor performance particularly if polite and passive persistence is practiced in the proper position, but that perspective takes patience from process to product, from principle to purpose. The promise that Pat plans to prove is that practice makes permanent not perfect. Only perfect practice makes perfect. And isn`t it peculiar that these poor prey animals perceive us people as predators and not partners."

"I can also promise that my program will keep getting better and better and better. There will be more stories about its evolution."

Ich freue mich, wenn ich dem einen oder anderen eine offene Frage beantworten konnte. 

Adrian Heinen 

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